Evil Dead Rise (2023) | Film, Trailer, Kritik (2024)

Die Kamera bewegt sich scheinbar frei schwebend durch eine sumpfige Waldlandschaft, kämpft sich an morschem Gesäst vorbei, überwindet Wassertümpel und rast in ständiger Beschleunigung zwischen Bäumen entlang. So beginnt der Low-Budget-Horror-Klassiker „Tanz der Teufel“, nach dem Kurzfilm-Prototypen „Within the Woods“ (1978) der erste richtige Film des auch 40 Jahre später überschaubar gebliebenen „Evil Dead“-Franchise. Um diesen Effekt erzielen zu können, mussten Sam Raimi und sein Team einen Steadicam-Ersatz improvisieren, indem die Kamera auf einem Holzstück befestigt und dann vom Kamerateam rennend durch Wald und Sümpfe gezogen wurde. Für die nicht minder furiose Schlusssequenz wiederum kam ein Fahrrad zum Einsatz.

Auch Evil Dead Rise, mehr Reboot als Sequel, beginnt mit einer solchen Egoperspektive des Bösen – diesmal hebt die Kamera sogar wirklich in den Himmel ab. Doch kurz vor dem Moment, an dem die dämonische Entität ihr erstes Opfer massakrieren würde, gibt sich die POV als Drohne zu erkennen, mit der Caleb (Richard Crouchley) seine Urlaubsbegleitungen nervt. 42 Jahre nach Tanz der Teufel und mit dem fast 40-fachen Budget braucht es keine erfinderischen Notbehelfe mehr. Was einmal Zauberei war, ist im Digital-Zeitalter so leicht herzustellen, dass man seine Tricks auch gleich verraten kann – erst recht, wenn dabei noch ein selbstreferenzieller Gag herausspringt. Ein weiterer Erwartungsbruch folgt auf dem Fuß: Nachdem tatsächlich alle Urlauber*innen blutig um die Ecke gebracht sind – bis auf die, in deren Körper sich das unsichtbare Böse eingenistet hat –, bringt uns ein kurzer Zeitsprung von der abgelegenen Seehütte in die nahe Vergangenheit eines alten Apartmenthauses in Los Angeles.

Zum ersten Mal spielt ein „Evil Dead“-Film nicht in der Wildnis und nicht in einem Feriendomizil, sondern in einem urbanen Hochhaus-Setting – womit Regisseur Lee Cronin eher eine Brücke zu Lamberto Bavas Film Dance of the Demons 2 (1986) und dem unterschätzten dritten Teil der Poltergeist-Trilogie schlägt. Zum ersten Mal sucht sich das titelgebende Böse damit seine potenziellen Opfer dort, wo sie leben. In diesem Falle sind das die alleinerziehende Mutter Ellie (Alyssa Sutherland), ihre jüngste Tochter Kassie (Nell Fisher) sowie die beiden Teenager Bridget (Gabrielle Echols) und Danny (Morgan Davies). Als fünfte im Familienbund stößt bald noch Ellies Schwester Beth (Lily Sullivan) zu ihnen – und bringt einigen Ballast mit.

Doch Beths Probleme sind nichts im Vergleich zu der Hölle auf Erden, in die sich das marode Gebäude verwandelt, als Danny im Keller eine mysteriöse Schallplatte und das Necronomicon findet – jenes aus Menschenhaut gebundene und mit Menschenblut geschriebene Todesbuch, das man besser nicht finden sollte, wenn man sich nicht wahlweise in einen blutrünstigen Dämon verwandeln oder von einem zerstückelt werden will. Natürlich ist Danny zu neugierig, um das Buch ungeöffnet und die Platte mit den Beschwörungen ungespielt zu lassen. Ellie ist die erste, in deren Körper sich die teuflische Brut einnistet – von nun an sehen sich die Kinder mit einem grotesken Zerrbild ihrer Mutter konfrontiert, das ihnen nach dem Leben trachtet, während die schwangere Beth verfrüht in eine Mutterrolle gedrängt wird.

Obwohl auch im ersten Originalfilm ein Geschwisterpaar im Zentrum stand, hat Regisseur Lee Cronin – inhaltlich an sein Langfilmdebüt The Hole in the Ground (2019) anknüpfend – den ersten „Evil Dead“-Familienfilm gedreht. Trotz der knappen Laufzeit nehmen die Familiendynamiken viel Raum ein, und abgesehen vom obligaten Gore und Splatter ergibt sich der Horror nicht zuletzt daraus, dass wir Traumata bei ihrer Entstehung zusehen – das Überleben der betroffenen Figuren natürlich vorausgesetzt. Den alten Trick, sich kurzzeitig in die Ursprungsgestalt zurückzuverwandeln („Ich bin’s wirklich, bitte töte mich nicht!“) beherrschen die sogenannten Deadites nämlich noch immer, und so wird das Urvertrauen der Kinder gleich mehrmals auf denkbar grausame Weise erschüttert.

Das bedeutet gleichzeitig: Wie das vor zehn Jahren erschienene Remake Evil Dead von Fede Alvarez kehrt auch Evil Dead Rise nicht zur Tonart der Sam-Raimi-Filme zurück. Tanz der Teufel war 1981 nicht nur blutiger Cabin-in-the-Woods-Horror mit auch heute noch erstaunlich ekligen Maskeneffekten, sondern auch eine Komödie, die „Three Stooges“-Fan Raimi mit überbordendem szenischen Ideenreichtum und Physical-Comedy-Anleihen an den Rand des Real-Life-Cartoons brachte (und im direkten Nachfolger schließlich weit darüber hinaus). Bruce Campbells Ash, final boy und vielleicht einzige männliche Scream Queen der Filmgeschichte, verkörperte zugleich Bugs Bunny und seinen Jäger Elmer J. Fudd, unermüdliches Energiebündel und verzweifelter Clown im Kampf gegen Windmühlen.

In einer Zeit, die zwischen Hyperironie und Hyperernst kaum Zwischenräume kennt, könnte ein solcher Film nur schwer entstehen – Cronin entscheidet sich für den Ernst. Wo Raimi mit wenig Geld ein Maximum an Effekt erzielte, erreicht „Evil Dead Rise“ mit viel Geld vergleichsweise wenig. Was ihm an Kreativität fehlt, kompensiert er mit Lautstärke, und eigene Ideen ersetzt er durch Referenzen – wahlweise an die Ikonografie der eigenen Reihe oder andere Vertreter des Horror-Kanons (ja, es gibt eine Szene, in der Blut aus einem Fahrstuhl strömt). Generische Jumpscares, permanente Dunkelheit und der für einen „Evil Dead“-Film relativ großzügige CGI-Einsatz runden den freudlosen Gesamteindruck ab.

Wäre Evil Dead Rise einfach nur ein vom Franchise losgelöster Horrorfilm, dann gäbe es weniger zu kritisieren, denn mancher Schreckmoment ist effektiv, und wenn im Kampf zwischen Mensch und Deadite unter anderem ein Holzhäcksler und eine Käsereibe zum Einsatz kommen, sitzt auch der – nach wie vor weitgehend handgemachte – Gore. Als fünfter Teil der „Evil Dead“-Reihe muss er sich allerdings daran messen lassen, was vom Geist des Franchise übrig geblieben ist – außer Blut, entstellten Dämonenfratzen und einer Kettensäge leider nicht allzu viel.

Evil Dead Rise (2023) | Film, Trailer, Kritik (2024)
Top Articles
Watch The Most Popular Video Of Mikayla Campinos Online
336 STIRLING BRIDGE DRIVE, Ormond Beach FL 32174 5192858
Best Pizza Novato
Uti Hvacr
Kansas Craigslist Free Stuff
Hertz Car Rental Partnership | Uber
Nc Maxpreps
craigslist: south coast jobs, apartments, for sale, services, community, and events
Kent And Pelczar Obituaries
What Happened To Father Anthony Mary Ewtn
Ncaaf Reference
Bubbles Hair Salon Woodbridge Va
Nj Scratch Off Remaining Prizes
Buying risk?
今月のSpotify Japanese Hip Hopベスト作品 -2024/08-|K.EG
Explore Top Free Tattoo Fonts: Style Your Ink Perfectly! 🖌️
Shreveport Active 911
Craigslist Malone New York
Rachel Griffin Bikini
Dumb Money, la recensione: Paul Dano e quel film biografico sul caso GameStop
Troy Bilt Mower Carburetor Diagram
CANNABIS ONLINE DISPENSARY Promo Code — $100 Off 2024
Transactions (zipForm Edition) | Lone Wolf | Real Estate Forms Software
Craigslistodessa
Temu Seat Covers
Buhl Park Summer Concert Series 2023 Schedule
Craigslist Northern Minnesota
Generator Supercenter Heartland
Astro Seek Asteroid Chart
Craigslist Sf Garage Sales
Mercedes W204 Belt Diagram
Frequently Asked Questions - Hy-Vee PERKS
Tire Pro Candler
Swgoh Boba Fett Counter
Roch Hodech Nissan 2023
1987 Monte Carlo Ss For Sale Craigslist
Sun Haven Pufferfish
The Wichita Beacon from Wichita, Kansas
Giantess Feet Deviantart
Indiana Wesleyan Transcripts
Baywatch 2017 123Movies
How To Paint Dinos In Ark
Rage Of Harrogath Bugged
Culver's of Whitewater, WI - W Main St
Shuaiby Kill Twitter
Three V Plymouth
Copd Active Learning Template
3500 Orchard Place
Canvas Elms Umd
Value Village Silver Spring Photos
Epower Raley's
Texas Lottery Daily 4 Winning Numbers
Latest Posts
Article information

Author: Greg O'Connell

Last Updated:

Views: 5763

Rating: 4.1 / 5 (62 voted)

Reviews: 93% of readers found this page helpful

Author information

Name: Greg O'Connell

Birthday: 1992-01-10

Address: Suite 517 2436 Jefferey Pass, Shanitaside, UT 27519

Phone: +2614651609714

Job: Education Developer

Hobby: Cooking, Gambling, Pottery, Shooting, Baseball, Singing, Snowboarding

Introduction: My name is Greg O'Connell, I am a delightful, colorful, talented, kind, lively, modern, tender person who loves writing and wants to share my knowledge and understanding with you.